Folgen des frühen Auditings

L. Ron Hubbard gibt Anweisung, Auditing mit Kindern ab acht Jahren durchzuführen. Dies kann zu einer starken Überforderung der Kinder führen, da z.B. Erinnerungen an die eigene Geburt bzw. an vorherige Leben zusätzlich zu dem Alltag eines scientologischen Kindes gehören. Wenn ich mir überlege, welche Überforderung bei einem erwachsenen Menschen durch die eigenen Gefühle und Gedanken entstehen, und diese für Erwachsene kaum zu verarbeiten sind, ist dieses für ein Kind um so schwerer zu verstehen, bzw. zu bewältigen.

In dem Buch „Die Sekten-Kinder“ von Kurt- Helmuth Eimuth beschreibt eine Ex-Scientologin die Erfahrungen mit ihrem eigenen Sohn.

„Zurück bleibt ein verstörtes, anpassungsunfähiges Kind, das Furcht hat, sich selbst kennenzulernen. Sie laufen u.U. mit einem übertriebenem Schuldkomplex herum, in der Vergangenheit wurden ja Verbrechen begangen, diese immer wieder anzuschauen (konfrontieren), um sie zum Verlöschen zu bringen und eine Erkenntnis daraus zu ziehen, dürfte dem Vorspielen eines endlosen Horror-Filmes gleichkommen.“ (Sonntag-Kuntze, U.S;. Ausarbeitung über die gefahren, die bei dem Kontakt zwischen Scientologen und Kindern entstehen können, Schriftsatz ohne Jahr, S. 16; zitiert nach: Eimuth, Kurt-Helmuth, 1997, s.o. ; S. 77)

Nach Kurt-Helmuth Eimuth verhindern die Erinnerung, das Auditing und das Konfrontieren die Identitätsbildung bei den Kindern, die mit der scientologischen Ideologie aufwachsen müssen.

„Es ist jedoch augenscheinlich, dass eine Entwicklung zur eigenen Urteilsfähigkeit, zur alleinigen Entscheidung unmöglich gemacht wird. Ja es ist sogar zu vermuten, dass ähnlich, wie bei erwachsenen Mitgliedern, es massive Identitätsprobleme bis hin zur Identitätsvermischung mit pathogenen Zügen gibt.“(Vgl.: Eimuth, Kurt-Helmuth, Die Sekten-Kinder, 2. Aufl., Freiburg, Basel, Wien, 1997, S.77f)

Weiter sieht er bestimmte Indikatoren für die Identitätsprobleme bei den Kindern. Diese sind u.a.: Der Kommunikationskurs, der absolute genormte Verhaltensmuster von einem Kind abverlangt, das Auditing, die scientologische Kunstsprache, die Arbeit von Kindern für die Org bzw. Scientology und die fehlende Zeit der Eltern sich um die Bedürfnisse, besonders die emotionellen, durch ihre eigenen Aktivitäten und den vorgeschriebenen Umgang mit dem Kind haben, zu kümmern. Außerdem entwickeln sich die Kinder zu Außenseitern in der „normalen Welt“.(4Vgl.: Eimuth, Kurt-Helmuth, Die Sekten-Kinder, 2. Aufl., Freiburg, Basel, Wien, 1997, S. 78 – 83) Durch dieses „außenstehen“ der Kinder werden sie immer enger in die scientologische Gedankenwelt hineinkatapultiert.

Auch der Verfassungsschutz Baden Württemberg beschreibt, dass es beim Auditing mit Kindern zu belastenden Situationen kommen kann.

„Hier ein „Auditing“ an einem kleinen Mädchen:

„(Auditor): ‚Wenn ein Flugzeug um 2 Uhr nachmittags in 3.000 Meter Höhe fliegt und um 3 Uhr nachmittags in 1.500 Meter Höhe, wie tief würde ein Mensch um 3 Uhr fallen, bis er den Erdboden erreichen würde?‘

(Kind): ‚Ach du liebe Güte! Das weiß es nicht… Es ist wirklich ein Problem. (…)‘

(Auditor): ‚Ist es so, dass es nur das Problem ist, was dich bedrückt?‘

(Kind): ‚Ich glaube ja.‘

(Auditor): ‚Spricht jemand hier je über Probleme?‘

(Kind): ‚Nun, vielleicht könnte Mama darüber sprechen, eine Menge Probleme zu haben.‘

(Auditor): ‚Hat irgendjemand dich je ein Problem genannt?‘

(Kind): ‚Nun, vielleicht könnte Mama darüber sprechen, eine Menge Probleme zu haben.‘

(Auditor): ‚Wer könnte dich ein Problem nennen?‘

(Kind): ‚Nun, vielleicht Mama.'“ [ „Kinder-Dianetik“, S. 76 ]

„Erfolg“ dieser Sitzung sei angeblich gewesen, Rechenschwierigkeiten bei dem Kind beseitigt zu haben. Hier stellt sich auch die Frage, ob nicht durch manipulative Fragen durch den Auditor eine bestimmte Antwort herbeigeführt wurde. Aus derselben Quelle stammt folgendes „Auditing“-Protokoll über einen 10-jährigen Jungen namens Bobby. Das Kind empfand das „Auditing“ offenkundig als quälend:

„(Auditor): ‚Gibt es einen Unterschied zwischen wehtun und sich gut anfühlen?‘

(Bobby): ‚Es gibt einen.‘

(Auditor): ‚Magst du es gern, wenn dir wehgetan wird?‘

(Bobby): ‚Mag nicht, dass mir weh getan wird (…).‘ Es drückt hier (zeigt auf eine Stelle am Bauch.)

(Auditor): ‚Wo drückt es noch?‘

(Bobby): ‚Überall, es drückt überall. Es tut weh. Ich schlafe.‘

(Auditor): ‚Was würde passieren, wenn du aufwachen würdest?‘

(Bobby): ‚Etwas wird passieren.‘

(Auditor): ‚Ist ,etwas‘ gut oder schlecht?‘

(Bobby): ‚Es ist gut. Etwas würde passieren.‘ (Fängt an zu weinen.) ‚Etwas Gutes wird passieren.‘ (Weint wieder.) (…)

(Auditor): ‚Welches Wort ist dasselbe wie tot?‘

(Bobby): ‚Etwas ist dasselbe wie tot. Etwas ist gefährlich.‘

(Auditor): ‚Was ist dasselbe wie gefährlich?‘

(Bobby): ‚Bobby ging in die Hölle.‘

(Auditor): ‚Was ist dasselbe wie ,Bobby ging in die Hölle‘?‘ (…)

(Bobby): ‚Geh zur Hölle geh zur Hölle.‘

(Auditor): ‚Welches Wort ist dasselbe wie tot? (…) Sag mehr. (…) Was ist ,geh zur Hölle‘?‘

(Bobby): ‚Aaa-ha-ha!‘

(Auditor): ‚Ist das Weinen?‘

(Bobby): (Keine Antwort) (…)“ [ „Kinder-Dianetik“, S.158ff. ]

Ergebnis dieses längeren Auditing sei angeblich die „Erkenntnis“ gewesen, dass die Mutter zu ihrem Jungen etwas wie „geh zur Hölle“ gesagt haben soll. Es stellt sich auch die Frage, ob sich der Junge in einem hypnoiden Zustand befand.

Dass derartige Methoden die behauptete „frische Herangehensweise“ für „das Aufziehen von Kindern“ sein sollen und gar „die Liebe und den Respekt eines Kindes“ erzeugen würden, trägt Scientology natürlich nicht in die Öffentlichkeit. Seit der Aufzeichnung dieser Protokolle dürfte sich an den Praktiken der SO nichts Wesentliches geändert haben. Das zeigt auch der Erfahrungsbericht einer 17-Jährigen, die von ihrer scientologischen Nachhilfelehrerin zum „Auditing“ überredet wurde. Anlass des „Auditing“ war die von der jungen Frau als besonders belastend empfundene Trennung von ihrem Freund. Das Prozedere beschrieb sie wie folgt:

„Immer und immer wieder musste ich die Geschichte wiederholen. Dutzende Male. Bis ich nicht mehr konnte. Das war unglaublich schlimm für mich, so schlimm, dass ich in Tränen ausbrach. Danach habe ich mich geweigert, jemals wieder zum Auditing zu gehen.“ [ „Ausgepresst wie eine Zitrone“, Focus-Schule Nr. 5/2006. ]“

Verfassungsschutz BW „Psychische und gesundheitliche Risiken für Kinder in der SO“

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